Aus der Provokation wird eine Klassenreise nach Berlin

Langwedel - Anregungen wolle man geben und dann sollen die Schülerinnen und Schüler in Eigenverantwortung aktiv werden, sagt Schulleiter Rolf Bartels. „Wir wollen nichts vorgeben. Sie sollen eine eigene Meinung haben, die dann aber auch richtig begründen“, findet auch Konrektor Derik Eicke. Und weil die 9c der Oberschule am Goldbach das bei einem Projekt besonders überzeugend tat, gewann sie einen Hauptpreis im Schülerwettbewerb der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): eine fünftägige Klassenreise nach Berlin. Inklusive Fototermin im Kanzleramt.

„Ein Schwerpunkt bei uns an der Oberschule ist es, unsere Schüler für Demokratie fit zu machen“, so Derik Eicke. Was dann einmal bedeutet, dass die Oberschule an jeder Juniorwahl zu Landtags-, Bundestags- und Europawahlen teilnimmt. So etwas muss natürlich auch organisiert werden. Da wird ein Wählerverzeichnis angelegt, da werden Wahlbenachrichtigungen verschickt, der Wahltag mit Stimmzetteln, Wahlurnen und -kabinen organisiert. Genau das hat die 9c im vergangenen Jahr mit ihrem Klassenlehrer Derik Eicke gemacht.

Ausgerechnet da kam die Bundeszentrale mit ihrem Schülerwettbewerb auf den Plan, mit dem man einen Anreiz schaffen will, aktuelle politische Themen auch außerhalb des klassischen Lehrplanes kennenzulernen.
Den Wettbewerb gab es zwar schon zum 47. Mal und es standen zwölf Themen zur Auswahl. Eines fiel den jungen Langwedelerinnen und Langwedelern aber sofort ins Auge: „Wählen ab 16! Eine Gefahr für die Demokratie?

Frechheit. „Für sie eigentlich eine Provokation“, sagt Derik Eicke. Der Klassenbeschluss lautete: Das Thema wollen wir gerne machen. Die 9c recherchierte im Internet zu Pro und Contra, fragte die Parteien ab und im vergangenen Herbst auch die Langwedeler Bürgermeisterkandidaten. Einige stellten sich gar mit einem Stand auf den Langwedeler Markt und fragten die Erwachsenen, was sie denn wohl vom Wahlrecht ab 16 halten würden.

Längere Gespräche am Marktstand

Da gab es dann auch schon mal längere Gespräche... und die Erkenntnis, dass Langwedeler Oberschüler mitunter mehr über Wahlen wissen, als so mancher Erwachsener. 
Die vergangene Juniorwahl zum Bundestag an der Oberschule fiel in der Tendenz genauso aus, wie die richtige Wahl. Das war bei der Bürgermeisterwahl übrigens genauso. Jugendlicher wählen also radikaler? Ist ein Vorurteil und stimmt in Langwedel nicht.
Was weiter auffiel: Die Wahlbeteiligung an der Oberschule ist nicht nur bei der Wahl der Schülersprecher hoch (89,3 Prozent im Jahr 2017). Die Wahlbeteiligung ist auch bei den Juniorwahlen jedes Mal deutlich höher als bei den Erwachsenen.
All ihre Erkenntnisse und Erfahrungen packte die 9c mit deutlichen Worten in einen Flyer. „Da war dann ja auch klare Kante verlangt. Für oder gegen das Wahlrecht mit 16“, so Derik Eicke.
Die 9c plädiert ganz klar für das Wahlrecht ab 16. Warum? „Wir sind Fachleute für Wahlen und Demokratie,“ sind sie sich sicher. Die Gründe wurden hier schon angeführt.

Optik und Inhalt stimmten

Die waren dann in dem Flyer (plus eingereichter Projektbeschreibung) dermaßen optisch ansprechend und dann vor allem auch inhaltlich gut dargelegt, dass die Wettbewerbsjury der 9c den Hauptpreis unter rund 400 zum Thema eingereichten Beiträgen zuerkannte.

Klassenlehrer Derik Eicke wusste seit ein paar Tagen Bescheid, die Klasse hat bis gestern Morgen aber noch keine Ahnung vom Hauptgewinn. Mit dem kam Hans-Georg Lambertz, Leiter des Schülerwettbewerbs, als Überraschung in den Unterricht. „Cool“, lautet ein Schülerkommentar, mehrere Daumen gingen hoch, etliche Gesichter strahlen. Der Rheinländer Lambertz hätte sich lauten Jubel gewünscht..., gab sich dann aber mit der Erklärung zufrieden, dass ein norddeutscher Freudenausbruch so aussehen kann. Da müsse in hiesigen Gefilden sonst schon mal eine schlichtes „Jo“ herhalten, so Eicke.
In Langwedel freut man sich eben ein bisschen zurückhaltender.
Das ist beim Börsenspiel der Kreissparkasse, bei dem die Oberschule seit Jahren eigentlich immer mindestens einen der Hauptpreise abräumt, auch so.
Manchmal muss man Nachrichten eben ein bisschen sacken lassen, um zu begreifen, was für eine klasse Leistung man da abgeliefert hat. jw

(Quelle: Verdener-Aller-Zeitung vom 09.02.2018)

 

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