Was ist los an der Oberschule am Goldbach?
Langwedel: Einfach aufhören ist keine Option
Oberschüler schmücken Gedenkstein – und bekommen Unterstützung
Daverden – „Die Heide außen rum und die Winterastern in die Mitte“, schlägt Gisela Brüggemann vor. Das können sich auch die jungen Damen und Herren von der Oberschule Langwedel gut vorstellen. Erst einmal aber werden alle Pflanzen im Topf auf das Beet gestellt, alle wollen gucken, ob das auch so aussieht, wie sie sich das vorgestellt haben. Gestern waren wieder Oberschülerinnen und Oberschüler auf dem Daverdener Friedhof, um es schön zu machen, rund um die Gedenkstele für die Zwangsarbeiterkinder, die in der Zeit des Zweiten Weltkriegs in Daverden beerdigt wurden. Das geschieht zwar schon seit geraumer Zeit und schön regelmäßig – doch dieses Mal war alles anders.
„Start war damit schon in Klasse 7. Das war ein WPK“, erzählt Lehrer Derik Eicke. Ein WPK ist ein Wahlpflichtkurs. Das klingt vielleicht erst einmal nicht sonderlich logisch, bedeutet aber, dass die Schüler die Pflicht haben, aus mehreren Angeboten einen Kurs auszuwählen – und den dann auch machen. Aber das nur am Rande.
Eickes WPKler waren dann also in Daverden auf dem Friedhof, kamen nach der Kriegsgräberstätte zur Stele für die Zwangsarbeiterkinder, die in einem „Heim“ in Cluvenhagen, das in einem umgebauten Schweinestall eingerichtet worden war, ums Leben kamen. „Da wollte sie den Platz hier schmücken. Das war ihre Idee“, versichert Eicke. Im Frühjahr, im Herbst und zur Adventszeit ist das nun immer passiert.
Das Geld für neue Pflanzen wurde beim Tag der offenen Tür in der Schule gesammelt oder es fanden sich andere Gelegenheiten, bei den sich Waffeln oder Kuchen verkaufen ließen. Aber nun, im vergangenen Coronajahr? Keine Veranstaltungen, keine Einnahmen.
Aber es hat sich eine Spenderin gefunden: Bianca Boss. „Ich hab davon in der Zeitung gelesen und gedacht: Mega“, berichtet die Inhaberin und Leiterin der Hubertus-Tagespflege. „Wenn Jugendliche in dem Alter sich so mit Geschichte auseinandersetzen, etwas Gutes tun, dann muss ich das unterstützen.“ Boss griff zum Telefonhörer, nahm Kontakt auf – und kam jetzt mit einer ordentlichen Zahl von Heidepflanzen und Winterastern nach Daverden. Nebst einigen Gästen aus der Langwedeler Tagespflege. „Weil es doch das erste Mal ist. Die Schülerinnen und Schüler müssen arbeiten und wir feuern an“, meinte Bianca Boss schmunzelnd.
Die Anfeuerungen bestand aus kenntnisreichen Tipps zur Anordnung der Pflanzen. Johannes Stülten half den jungen Leuten offensichtlich gern dabei, die Pflanzen vor dem Setzen aus ihren Töpfen zu bekommen, und ging dann mit Bianca Boss los, um die Gießkannen für eine erste Bewässerung vollzumachen.
Wie üblich hatten die Teilnehmer der Aktion vor der Stele schon ein trefflich vorbereitetes Beet angefunden. Friedhofsgärtner Werner Diekmann hatte Vorarbeit geleistet und auch noch Pflanzen bereitgestellt. „Ich freue mich immer sehr über die Aktion hier. Da bekommt das Denkmal etwas mehr Aufmerksamkeit“, so seine Hoffnung. Wenn Besucher durch den Haupteingang auf den Friedhof kommen und vorne halb links an dem großen schwarzen Stein geschmückt ist – da guckt Mensch schon mal eher und genauer hin.
„Das soll auch in Zukunft so bleiben“, spricht Derik Eicke noch einmal für seine Schüler. Die haben ab der 9. Klasse nämlich ganz andere Wahlpflichtkurse. Aber das Denkmal einfach so stehen lassen? Aufhören? „Geht ja gar nicht“, lautete der Beschluss einiger Oberschülerinnen und -schüler. Sie haben jetzt eine Projektgruppe zum Thema Frieden gegründet und eine Menge Pläne. Aber das ist noch eine andere Geschichte. „Da haben wir auch Leute aus der 8. oder der 10. Klasse, die gern mitmachen würden. Aber zur Zeit dürfen wir nur Jahrgangsweise unterrichten“, sagt Lehrer Eicke und hofft auf bessere Zeiten für alle.
Die Pflanzaktion ist gut gelaufen, mit dem Ergebnis sind Junioren und Senioren gleichermaßen zufrieden. „Das sieht gut aus“, heißt das allgemeine Urteil, und: „Das habt ihr toll gemacht“, ist einer der Kommentare.
Werner Diekmann kommt zum Abschluss der Arbeiten noch einmal vorbei, guckt, nickt anerkennend, überlegt... und sagt noch: „Ich hab da schon eine Idee für Weihnachten, wenn ihr wiederkommt. Ich werde das Beet mal noch ein bisschen nach vorne ziehen.“ Der Friedhofsgärtner zeichnet mit der Fußspitze zwei sich an der Spitze treffende Linien vom Beet aus in den Boden, um zu zeigen, was er meint. „Und was für eine Form haben wir dann?“
„Ein Herz, yeaaah!“
(Quelle: Verdener-Aller-Zeitung vom 12.10.2021)