Auf dem Friedhof in Daverden sind seit 80 Jahren drei Zwangsarbeiter als „unbekannt“ beigesetzt. Oberschülerinnen und Oberschüler aus Langwedel haben ihre Namen ermittelt.

Die Oberschülerinnen und Oberschüler haben ihren Teil getan, sehr gut sogar. Jetzt ist Langwedels Bürgermeister dran, er bekam von den jungen Leute Arbeit aufgedrückt. Und was sagt Andreas Brandt dazu? „Mache ich gern.“ Neben dem Grab für die Zwangsarbeiterkinder auf dem Daverdener Friedhof befinden sich drei Erwachsenenkriegsgräber. Auf den Steinen steht „Unbekannt“.

Das stimmt aber – dank der Recherche der freiwilligen Arbeitsgruppe namens #projektfrieden nicht mehr. Die jungen Leute haben die Namen herausgefunden, sie sind auch bereits auf den Infotafeln vermerkt, die beim jüngsten Volkstrauertag eingeweiht wurden. Jetzt sollen die Steine durch solche mit Namen ersetzt werden.

Die detektivische Forschung kam schon 2022 in Schwung. Dank des aufmerksamen Blicks eines jungen Oberschülers. „Julia Brand und ich waren mit unserer Klasse in der Gedenkstätte Sandbostel“, sagt Derik Eicke, der als Lehrer #projektfrieden begleitet. In Sandbostel befand sich in der Nazizeit das Stalag X-B, ein Kriegsgefangenenlager.

„Eine der zentralen Aufgabe des Kriegsgefangenenlagers war die Bereitstellung von Arbeitskräften. Bisher sind über 1 100 Arbeitskommandos im gesamten Elbe-Weser-Dreieck bekannt“, ist auf der Internetseite der Gedenkstätte vermerkt. Eines dieser Arbeitskommandos war in Cluvenhagen. Die Kriegsgefangenen waren dort untergebracht, wo heute die Mehrzweckhalle steht, und wurden beim Kanalbau in der Marsch eingesetzt. Ob Oktober 1941 kamen sowjetische Kriegsgefangene nach Sandbostel, anschließend auch nach Cluvenhagen. Beim Namen eines dieser Männer entdeckte ein Oberschüler in Sandbostel den Vermerk: „Gestorben in Cluvenhagen“. #projektfrieden glich den Namen mit der Liste der bekannten Kriegstoten ab, die in Daverden bestattet sind. „Und dieser Name tauchte auf dem Daverdener Friedhof nicht auf“, so Derik Eicke. Der erste „Unbekannte“ war identifiziert.

„Den Zweiten haben sie online gefunden. Über den Dritten sind wir, vielmehr die Schülerinnen und Schüler, bei Recherchen zu einem anderen Thema gestolpert“, berichtet Derik Eicke. Bevor die Langwedeler mit den Namen und ihren Recherchen an die Öffentlichkeit gegangen sind, haben sie sie von Dr. Joachim Woock prüfen lassen. Er gilt seit seiner Doktorarbeit auch als Fachmann für das Lager in Cluvenhagen. Dann stand die Erkenntnis: Die Namen der Unbekannten sind gefunden – und ihre Personalkarten aus dem Stalag X-B in Sandbostel auch.

Filimon Garzev aus Smolensk, im Zivilberuf Schneider, wurde 35 Jahre alt. Mihail Dimitrov, Bäcker, aus der Oblast Leningrad, also aus der Nähe des heutigen St. Petersburg, starb mit 20 Jahren. Wasili Lipachin, Schmied, wurde 35 Jahre. Alle starben sie noch 1941 in Cluvenhagen, wie ihre Personalkarte vermerkt. Auf der auch vermerkt wurde, in welchen Zustand sie sich als sowjetische Soldaten befanden, als sie 1941 in deutsche Gefangenschaft gerieten: „Gesund“.

Die drei sollen jetzt nach mehr als 80 Jahren einen Grabstein mit ihrem Namen bekommen. Damit der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die in Auftrag gibt, muss nun Langwedels Bürgermeister einen entsprechenden Antrag beim Volksbund in Lüneburg stellen, dann nimmt das Verfahren seinen Lauf, an dessen Ende neue Steine kommen sollen.

Die Namen dafür haben ihre Vorgänger herausgefunden, aktuell kümmern sich bei #projektfrieden Lara Bordfeld, Mara Behnken, Cheyenne Fischer und Emily Neer um die drei Kriegsgefangenen und ihre Gräber. Eine andere Gruppe arbeitet am Gedenken an die drei polnischen Zwangsarbeiter, die im Daverdener Holz aufgehängt wurden, an deren Schicksal ein Gedenkstein vor der neuen Oberschule erinnert. Die Hinrichtung der drei jungen Männer ist 2024 nun 80 Jahre her. Dazu soll es im Mai eine Veranstaltung an der Oberschule geben.

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