„Was Eltern wissen sollten..."
Schulverein organisiert Infoabend zum Thema „Komatrinken" / „Saufen von Hochprozentigem ist in Mode"

07.11.09_komavortrag

LANGWEDEL (jw) 
Klar, es sind nicht „die Jugendlichen". Aber es werden von Jahr zu Jahr mehr Kinder und Jugendliche mit Alkoholvergiftungen in Kliniken eingeliefert. Und es sind immer mehr Mädchen, die zu hartem Alkohol greifen, um sich „weg zu ballern". Grund genug für den Förderverein „För use School" der Langwedeler Haupt- und Realschule zu einem Infoabend einzuladen.
„Komatrinken - und was Eltern dazu wissen sollten" war die Veranstaltung mit Regina Haack von der Fachstelle für Suchtprävention in Achim übertitelt. Über 40 Besucher konnte der Förderverein dazu in der Aula der Schule begrüßen. Die Eltern bekamen zunächst einmal jede Menge eindrucksvolles Zahlenwerk zu hören - gewonnen aus der Befragung von 750 Jugendlichen, die nach exzessivem Alkoholkonsum im Krankenhaus gelandet waren.


Zum Beispiel: Im Jahr 2008 hatten sich bei den 10-bis 15-Jährigen zum ersten Mal mehr Mädchen als Jungen ins Koma gesoffen. Die Steigerungsrate der Fälle bei den Mädchen zum Vorjahr: 101 Prozent, bei den Jungen in dieser Altersstufe lag die Quote bei einem Plus von 49 Prozent.
„Alkohol schmeckt den Jugendlichen gar nicht", so Regina Haack. Bier und Wein sind überhaupt nicht in. Aber: „Das Saufen von Hochprozentigem ist in Mode." Weil das Zeug aber eigentlich gar nicht schmeckt, wird gern zu Wodka gegriffen. Der hat nicht viel Eigenaroma, fällt im Tetrapack mit Saft nicht so dolle auf.
Egal ob Gymnasium, Haupt- oder Realschule, wie in der gesamten Gesellschaft kommen die Trinker aus al-
len Schichten. Die jüngste Komatrinkerin aus Regina Haacks Amtsbereich: „Ein 13-Jähriges Mädchen, das vorher nie getrunken hat."
„Es werden relativ große Mengen hochprozentiger Alkohol sehr schnell gekippt", so Regina Haack zur Methode der Komatrinker, die ihr Vorhaben teilweise auch ganz bewusst und zielgerichtet angehen. Erst ist man ein
wenig beschwipst, Rauschzustände wie „Düddeligkeit" und Übelkeit werden durch die hohe Dosis Alkohol im jugendlichen Körper übersprungen. Resultat: Schnelle Alkoholvergiftung, Koma.
Neben den negativen Auswirkungen auf den jungen Organismus sollte man sich auch etlicher mit dem Rausch verbundene möglichen Folgen bewusst machen, so die Referentin: Unfälle, Gewalttaten, Opfer sexueller Gewalt, Unterkühlung, Ersticken.
Die Gründe, warum Jugendliche zum Alkohol greifen sind vielfältig: Gruppenzwang, Neugier, tatsächlich auch Naivität und Unwissenheit, Wetten, Saufen als Zeitvertreib - und schließlich ist in unserem Land Alkohol die legale Droge, deren Konsum
nicht nur allgemein verbreitetes Konsumgut ist, sondern auch als Zeichen des Erwachsenseins gilt.
Dabei ist nach dem Jugendschutzgesetz der Konsum von Alkohol bis zum 14. Lebensjahr sogar verboten, danach bis zum Alter von 16 Jahren nur in absoluten Ausnahmefällen und im Beisein der Erziehungsbe-rechten erlaubt. Aber ob das alles auch den realen Gegebenheiten entspricht?
Wer sein Kind vor einem Alkoholabsturz bewahren will, der muss erst einmal selbst ein passables Vorbild abgeben. Irgendwann kommt der Sprössling aber trotzdem angetrunken nach Hause. Je nach Ausmaß ist dann der Ruf nach einem Arzt angezeigt - oder der Griff zum nassen Waschlappen und zum Spuckeimer.
Erst tags drauf ist der Nachwuchs für die elterlichen Sorgen aufnahmebereit. Die sollte man besser sehr persönlich vortragen als in einer generellen Predigt.
Noch eine Sache ist im täglichen ganz wichtig, wenn man seinen Nachwuchs widerstandsfähig gegen Drogen und eine Kultur des Alkoholkonsums machen will: Anerkennung und einfach mal zuhören, ohne gleich zu werten. „Defizite entdecken wir schnell. Aber es fehlt bei uns eine Kultur des Wertschätzens", meinte Regina Haack. (Quelle: VAZ 05.11.09)

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