Lernen ohne Lehrer (LoL) - Unser Interview mit dem Projektteam
Anfang Dezember hat die Schülerzeitung die Mitglieder*innen des LoL- Projektes interviewt. Aktuell sind über 50 Schülerinnen und Schüler an dem Projekt beteiligt. Davon haben wir mit sechs Personen (der Projektleitung Frau von Witzleben, dem Kernteam und mit einigen LoL-Schüler*innen) gesprochen.
Schülerzeitung Goldblatt: Wie läuft eine Lernzeit ab und seid ihr nur in den Lernzeiten oder auch im Unterricht dabei?
LoL-Lehrer*innen: Bei uns laufen die Lernzeiten so ab, dass wir in die Klassen reingehen und die Lehrer fragen, wo sie Unterstützung benötigen und was wir machen können. Zum Beispiel, ob wir mit bestimmten Kindern rausgehen sollen, um Vokabeln oder das Einmaleins zu üben oder ob wir normal als Unterstützung in der Klasse da sein sollen, wenn die Kinder Hilfe brauchen.
Wenn wir einen Block Entfall haben, dann haben wir auch die Möglichkeit, die Lehrer zu fragen, ob wir im normalen Unterricht mit in die Klasse gehen können. Und dann sind wir eben noch mittwochs im vierten Block in der LoL-AG, wo die LoL-Schüler in einem gewählten Fach Hilfe bekommen.
Frau von Witzleben: Dann gibt es auch noch die DaZ-Lernzeiten (Deutsch als Zweitsprache). Das ist aber nochmal einzeln aufgeteilt, weil einige LoL-Lehrer gerne DaZ machen. Dort können wir dann auch „eins zu eins“ mit den Sprachanfängern arbeiten. Genauso ist das auch mit der Französisch-Lernzeit.
LoL-Lehrer*innen: Im siebten Jahrgang ist es so, dass die Schüler*innen zu uns kommen und wir mit ihnen die Französisch-Wochenpläne bearbeiten und bei Bedarf wird auch die Grammatik geübt oder Vokabeln werden wiederholt sowie bei weiteren Wochenplan-Aufgaben geholfen. In den Lernzeiten ist das momentan so, dass die Zehntklässler*innen in die sechsten Klassen und die Neuntklässler*innen in die fünften Klassen gehen.
Schülerzeitung Goldblatt: Ist die Arbeit im Projekt manchmal auch anstrengend und wenn ja, was ist anstrengend?
LoL-Lehrer*innen: Ja, zum Teil ist es anstrengend. Es kommt aber auch immer darauf an, wie viele Kinder man zu betreuen hat. Meistens arbeitet man mit einem Kind, aber durch Krankheitsfälle oder Ähnliches hat man auch mal zwei Kinder und wenn man dann bestimmte Kinder in einer Kombination hat, kann das auch richtig anstrengend sein. Insgesamt bekommt man aber das trotzdem ganz gut hin.
Schülerzeitung Goldblatt: Habt ihr immer in denselben Klassen und im selben Jahrgang LoL-Dienst?
LoL-Lehrer*innen: Ja, wir haben zugeteilte Klassen. Es ist jetzt nicht so, dass wir den einen Tag in die eine und am nächsten Tag in andere Klassen gehen können. Wir werden von Frau von Witzleben zugeteilt und das ist dann quasi unsere LoL-Klasse. Klar kann das mal sein, dass wir trotzdem mit in andere Klassen gehen und dort unterstützen. Wenn wir in zwei verschiedenen Lernzeiten eingeteilt sind, haben wir auch manchmal verschiedene Klassen. Wir sind aber schon so eingeteilt, dass wir immer regulär in dieselben Klassen gehen, weil das sonst für die Kinder, aber auch für uns zu Verwirrung führen kann. Deshalb haben wir feste Dienstpläne.
Schülerzeitung Goldblatt: Wie werden die Aufgaben eingeteilt?
In den Lernzeiten selbst macht jeder alle Fächer, weil dort viele Aufgaben zu erledigen sind. Nachmittags, also in der LoL-AG können wir dann unsere Wünsche äußern und angeben, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. Bei Französisch und DaZ wird nochmal extra eingeteilt, wer z.B. Französisch machen möchte, was meistens gar nicht so viele sind und in DaZ, wer beispielsweise noch eine weitere Sprache sprechen kann.
Wir versuchen immer darauf zu achten, dass jeder das macht, was man kann und möchte.
Schülerzeitung Goldblatt: Was macht euch besonders viel Spaß?
Am meisten Spaß macht es, wenn die Kinder uns positive Rückmeldungen geben und uns sagen, dass unsere Arbeit geholfen hat oder uns sagen, dass sie einfach dankbar sind. Das ist das Schönste daran. Es ist auch schön, wenn man die Verbesserung der Kinder sieht und Sachen, die wir gemeinsam wiederholt haben, beim nächsten Mal noch besser klappen. Da freuen wir uns auch immer mit.
Schülerzeitung Goldblatt: Was sind die Hauptziele bei LoL?
Durch LoL haben wir gemerkt, dass wir sowohl untereinander, aber auch zu den Kindern einen bessern Draht haben. Die Jahrgänge vermischen sich mehr.
Wir haben verschiedene Ziele: ein besseres Zusammenleben in der Schule, besser mit den Kindern umgehen können, die Fortschritte beim Lernen und das die Kinder eine Bezugsperson haben. Dafür sind Zusammenarbeit und Beziehung zwischen LoL-Lehrer*in und LoL-Schüler*in sehr wichtig.
Schülerzeitung Goldblatt: Welche sozialen Aktivitäten gibt es denn noch bei LoL, abgesehen vom gemeinsamen Lernen?
Wir hatten jetzt zum Beispiel ein Weihnachtsspecial in der letzten Schulwoche vor den Weihnachtsferien 2023, wo wir mit den Kindern zum Beispiel basteln und Kekse backen. Am Anfang von einem neuen LoL Jahrgang gibt es meistens einen Kennlerntag oder bei uns war es eine Kennlernfahrt mit einer Übernachtung. Aber wir versuchen auch, das Lernen relativ spielerisch zu gestalten und spielen dann nachmittags im vierten Block auch am Ende Lernspiele. Es ist also nicht nur das stumpfe Lernen. Die Kinder kommen auch gerne und es macht ihnen Spaß.
Schülerzeitung Goldblatt: Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um LoL-Lehrer*in zu werden?
Tatsächlich kann eigentlich jeder LoL-Lehrer werden, wenn man mit seinen Aufgaben gut klarkommt und diese auch schafft. Wichtig ist: Verlässlichkeit und Struktur. Außerdem hat man auch eine Vorbildfunktion. Wenn man vor einem Schüler/einer Schülerin sitzt und die ganze Zeit Kaugummi kaut, dann ist das natürlich nicht so gut. Man sollte durchstrukturiert sein und mit seinen eigenen Lernzeitaufgaben fertig werden.
Schülerzeitung Goldblatt: Was würdet ihr den neuen LoL-Lehrer*innen mit auf den Weg geben und was sollten sie auf jeden Fall beachten?
Am wichtigsten ist es, strukturiert und organisiert zu arbeiten. Wenn man alles gut geplant und durchdacht hat, dann sollte das Projekt weiterhin funktionieren.
Planung und Kommunikation sind das A und O und das man sich vorbildlich verhält. Man sollte sich immer sehr gut und sehr vorbildlich verhalten, weil das natürlich auch auf das Verhalten der Kinder Einfluss nehmen kann. Wir haben als die Älteren auch eine Vorbildfunktion, die jüngeren Schüler*innen sehen uns und dann können sie das Verhalten auch nachahmen.
Schülerzeitung Goldblatt: Wir haben nun noch ein paar Fragen speziell an Frau von Witzleben als Leiterin des Projekts. Wie sind Sie auf die Idee von LoL gekommen?
Frau von Witzleben: Das war während der Zeit von Corona im Profil Gesundheit und Soziales. Wir durften zu der Zeit coronabedingt keine Ausflüge machen und da der damalige GuS-Kurs recht klein war, haben wir dann überlegt, was können wir Soziales machen und uns irgendwie effektiv einbringen können. So entstand die Idee von LoL und dann haben wir das Konzept erarbeitet.
Schülerzeitung Goldblatt: Wie lange gibt es das Projekt LoL nun schon an unserer Schule?
Frau von Witzleben: Seit zweieinhalb Jahren gibt es das Konzept Lernen ohne Lehrer, kurz LoL, schon bei uns.
Schülerzeitung Goldblatt: Sie arbeiten ja nicht direkt mit den LoL-Schüler*innen und geben keinen Unterricht. Welche Aufgaben haben sie im Projekt LoL?
Frau von Witzleben: Ich schreibe die Dienstpläne, kommuniziere mit allen SchülerInnen und dann haben wir dienstags immer Kernteamsitzung. Dort besprechen wir, was man zum Beispiel bei der Weihnachtsfeier mit den LoL-Kindern machen könnte. Das muss alles vorbereitet und geplant werden und dadurch, dass LoL viele Bereiche abdeckt, sprich: DaZ, Französisch und dann alle Hauptfächer, muss man sich viel austauschen. Für die Unterstützung von LoL für Französisch gibt es zum Beispiel andere Zeiten als die LoL-AG und da muss ich dann auch mal gucken, ob alles läuft. Also bin ich überall unterwegs.
Dann besuche ich manchmal die LoL-LehrerInnen in den Lernzeiten, um mir selbst ein Bild von ihrer Arbeit zu verschaffen. Das ist natürlich nicht immer möglich.
Mittwochs in der LoL-AG bin ich dann immer da, falls es doch mal Situationen gibt, in denen Hilfe benötigt wird oder irgendetwas nicht klappt. Ich bin jederzeit da und versorge die SchülerInnen gegebenenfalls mit Materialien.
Schülerzeitung Goldblatt: Was motiviert Sie, LoL weiterzumachen?
Frau von Witzleben: Da es ganz viele motivierte LoL-LehrerInnen gibt, die einen guten Job machen und die Kinder toll zusammenarbeiten. Uns LehrerInnen erleichtert es tatsächlich die Arbeit, weil wir unterstützt werden, Aufgaben übertragen und mehr Kinder unterstützt werden können. Viele LoL-SchülerInnen haben bereits geäußert, später auch LoL-LehrerIn werden zu wollen.
Schülerzeitung Goldblatt: Was ist das Wichtigste aus Ihrer Sicht bei LoL?
Soziale Kontakte, Vorbildfunktion und Verlässlichkeit. Wenn die Verlässlichkeit nicht gegeben ist, funktioniert das ganze Projekt nicht.
Es ist schön mitzubekommen, wenn die Großen nachfragen und Interesse zeigen: „Wie ist die Arbeit gelaufen?“ oder andersherum bitten die Kleinen mich oft: „Frau von Witzleben, können wir bitte bei den Großen vorbei gehen? Ich habe eine zwei in der Arbeit.“
Das finde ich rührend, weil ich die Wertschätzung von beiden Seiten mitbekomme. Alle freuen sich und sind dankbar. Ich finde das ist etwas ganz Besonderes, woran man weiterarbeiten sollte.
Schülerzeitung Goldblatt: Haben Sie sich Ziele für LoL gesetzt und wenn ja, welche haben Sie davon erreicht?
Ich hatte mir das Ziel gesetzt, dass die Kinder gerne zu LoL kommen und die Arbeit gerne machen. Klar klappt das bei dem Einen mehr, bei dem Anderen weniger. Jeder Mensch ist anders, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Das Ziel ist es, Kinder jedes Jahr für dieses Projekt motivieren zu können.
Schülerzeitung Goldblatt: Ein wichtiger, weiterer Teil vom Projekt seid ihr, die LoL-Kinder. Was findet ihr gut und was weniger gut?
Reem: Ich finde an LoL gut, dass man unterstützt wird und dass das nicht immer nur lernen ist. Wir spielen zum Beispiel am Ende immer Spiele. Das motiviert einfach, wenn man weiß, dass man am Ende Spiele spielen kann.
Ich finde an LoL eigentlich nichts blöd, also ich finde an LoL wirklich alles toll.
Reem: Wenn man zum Beispiel die Lernzeiten nicht geschafft hat, dann kann man die bei LoL nachholen und man bekommt auch Hilfe. Das finde ich gut. Es gibt für mich auch nichts Schlechtes bei LoL.
Julian: Wenn man zum Beispiel Englisch nicht geschafft hat, dann kann man das bei LoL machen. Ich finde auch noch toll, dass man sich näher kennenlernt.
Schülerzeitung Goldblatt: Hilft euch LoL beim Lernen?
Sosan: LoL hilft mir wirklich sehr gut. Ich habe in der fünften Klasse mit LoL angefangen und habe viel Deutsch am Anfang gemacht, weil ich das nicht so gut konnte. Das hat mir richtig gut geholfen und dann hab ich es auch hinbekommen zu Hause zu lernen. Dann habe ich angefangen Französisch in LoL zu machen und es klappt alles richtig gut mit dem Lernen. Ich sehe selber Fortschritte in Französisch bei mir.
Reem: Die LoL-Lehrer*innen helfen auch zum Beispiel bei Buchvorstellungen oder Präsentationsängsten. Dann können wir üben. Ich habe immer mit den LoL-Lehrern die Präsentationen geübt und Verbesserungsvorschläge bekommen.
Schülerzeitung Goldblatt: Was macht ihr noch bei LoL außer zu lernen?
Sosan: An Weihnachten oder kurz vor Weihnachten machen wir schöne Sachen manchmal und spielen Spiele. Manchmal machen wir auch Lebkuchenhäuser oder so. Das macht Spaß.
Reem: Wir haben einen Ausflug gemacht, also für zwei Tage und da haben wir uns kennengelernt.
Julien: Wir haben auch eine Aktion gemacht, da sind wir in einen Klassenraum gegangen und haben dann zusammen gegessen.